Sextortion Ein Videochat-Abenteuer mündete für einen jungen Mann darin, dass er mehrere Tausend Franken zahlen sollte. Kein Einzelfall, wie die Landespolizei betont.
Oliver Beck
Bisweilen spotten soziale Netzwerke ihrer eigenen Bezeichnung. Was sich auf Facebook, Twitter und Co. abspielt, ist viel zu oft zutiefst asozial und ruft in unschöner Regelmässigkeit die Strafverfolgungsbehörden auf den Plan.
Wie in einem aktuellen Fall, den die Landespolizei des Fürstentums Liechtenstein gestern in einem Communiqué publik machte: Für einen jungen Mann endeten mehrere Videochat-Sitzungen mit einer Dame, die er gleichentags über ein soziales Netzwerk kennengelernt hatte, damit, dass diese ihn um mehrere Tausend Franken erleichtern wollte. Falls er ihrer Forderung nicht nachkommen sollte, so die damit verbundene Drohung, würde sie die gespeicherten Aufnahmen publik machen.
Fünf Anzeigen im Jahresdurchschnitt
Da in der Presseaussendung der Begriff Sextortion – ein Erpressungsversuch mithilfe erotischer oder sexueller Fotos, Videos oder Texte- verwendet wird, ist davon auszugehen, dass die Videosequenzen im vorliegenden Fall delikater Natur sind. Für die Landespolizei nichts Neues: In den letzten Jahren sei es durchschnittlich zu fünf Anzeigen gekommen, sagt Mediensprecherin Sibylle Marxer auf Anfrage. Allerdings darf in diesem Zusammenhang das Schamgefühl nicht ausser Acht gelassen werden, das Sextortion-Opfer oft am Gang zur Behörde hindert. «Die Dunkelzif- fer», sagt auch Marxer, «dürfte meist höher liegen.» Dabei ist die Anzeige just einer jener Schritte, zu denen die Landespolizei Betroffenen in ihrer Mitteilung rät. Wenngleich sich die Ermittlungen in der Regel sehr schwierig gestalten, wie Marxer einräumt. Schliesslich verbärgen die Erpresser ihre wahre Identität meist hinter «Fake-Profilen».
Des Weiteren werden Opfer angehalten, den Kontakt zur Täterschaft sofort abzubrechen, deren Zahlungsforderungen nicht nachzugeben und bei bereits erfolgter Veröffentlichung von Bildoder Videomaterial bei der betreffenden Plattform eine Löschung zu beantragen. Um die Chancen einer Ergreifung eines Erpressers zumindest zu erhöhen, sollen ausserdem sämtliche relevanten Informationen, etwa Chatverläufe oder Videoaufnahmen, gespeichert werden.
Noch besser ist es freilich, sich gar nicht in eine heikle Lage hineinzumanövrieren. Die Landespolizei empfiehlt deshalb, «keine Freundschaftsanfragen und Einladungen von Personen in sozialen Netzwerken anzunehmen, wenn diese nicht einwandfrei identifiziert werden können.» Da jeder Videochat gespeichert werden könne, sei es zudem angezeigt, auf indiskrete Handlungen vor der Kamera zu verzichten.
Der junge Mann im hier beschriebenen Fall hat zumindest nach dem Erpressungsversuch vieles richtig gemacht. Neben dem Einreichen einer Anzeige widerstand er auch dem Druck zu zahlen. «Die Chancen, das Geld zurückzuerhalten», sagt Marxer, «dürften gleich null sein.»