Mauro Casellini leitet die Blockchain-Abteilung der Bank Frick in Balzers. Er erklärt, wie er mit Risiken umgeht, wie er Anfragen aussiebt und warum das Institut – im Gegensatz zu den meisten anderen Banken – gerade diesen Weg als Kryptobank eingeschlagen hat.

Die Bank Frick setzt stark auf Blockchain als Geschäftsmodell. Welchen Anteil am Ertrag kann die Bank damit bereits erwirtschaften?
Der finanzielle Erfolg ist definitiv vorhanden, aber noch überschaubar. Es hat uns auch geholfen, uns im Markt als agile, zukunftsorientierte Bank zu bestätigen. Dank der Blockchain-Thematik konnten wir im Sinne unseres Cross­over-Ansatzes auch in vielen anderen Bereichen neue Kunden gewinnen, die sonst nicht nach Liechtenstein gekommen wären.

Was ist die konkrete Zielsetzung der Bank? Möchten Sie die Hälfte des Umsatzes mittelfristig mit Blockchain-Kunden erwirtschaften?
Wir bauen unsere Geschäftsprozesse so auf, dass es nicht mehr relevant ist, ob unser Kunde ein Blockchain- oder Fintech-Kunde, ob es ein Vermögensverwalter oder ein anderer Intermediär ist. Wir werden bestehende und neue Services einfach über eine neue Technologie anbieten können.

Es gibt also noch keine nennenswerten Gewinne. Die Chancen überwiegen dennoch die Risiken?
Doch, es gibt schon nennenswerte Gewinne. Allerdings wollen wir keine Zahlen kommunizieren. Das hängt unter anderem hiermit zusammen: Ist ein Unternehmen aus dem Blockchain-Sektor, das bei uns ein Konto für Zahlungen in klassischen Währungen führt, ein Umsatz, den wir unseren Blockchain-Aktivitäten zurechnen oder nicht. Das lässt sich nicht scharf trennen. Als First Mover im Blockchain-Banking gehen wir kalkulierte Risiken ein. Aus diesem Grund haben wir – bevor wir mit Blockchain-Banking begonnen haben – sehr viel Zeit in das Research investiert. Wir haben Prozesse definiert und Strukturen aufgebaut. Ich selbst habe im Jahr 2013 bei der Bank Frick angefangen. Auch wenn wir schon vor fünf Jahren sehr aktiv über Blockchain diskutiert haben, so starteten unsere Geschäftsaktivitäten dahingehend erst im Jahr 2016. Wir waren uns bewusst, dass man als Bank nicht einfach morgen loslegen kann, Transaktionen und Produkte rund um Blockchain und Kryptowährungen einzubinden. Dafür muss sich eine Bank sehr viel Zeit lassen.

Der Grossteil der Schweizer und auch Liechtensteiner Banken lassen noch die Finger davon. Was ist der Grund dafür?
Es ist wichtig, zu erwähnen, woher Bank Frick kommt. Wir haben sehr früh mit Acquiring-Lizenzen von Visa und Mastercard angefangen und wickelten Kreditkartenzahlungen ab. Wir arbeiten also seit einigen Jahren im Bereich Payment-Services sowie Fintech, und moderne Technologien lagen uns bereits im Blut. Unser Ziel ist es, die Bank für modulare digitale Dienstleistungen für Intermediäre zu werden. Da gehört die Blockchain-Technologie zwingend dazu. Der Impuls zur Weiterentwicklung Richtung Blockchain kam von der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat. Bei vielen anderen Banken fehlt das Verständnis dafür in den Geschäftsleitungen. Und grössere Banken brauchen einfach auch mehr Zeit.

Die Bank verwahrt Kryptofonds und begleitet junge Start-ups bei ICO. Wie viele Firmen haben Sie bereits begleitet?
Wir haben bisher rund ein Dutzend ICO begleitet, die im Liechtensteiner Rechtsraum mit Gesetzen und Regularien im Einklang stehen. Im Moment geht der Trend in Richtung Security Token Offering. Die Gründer geben Eigenkapital oder eine Schuld aus. Das ist für mich sehr viel spannender als ein ICO, bei dem eine Idee verkauft und die Finanzierung sehr agil, wenn nicht sogar zu agil gelöst wurde. Die Veränderung von einem extrem unregulierten Markt mit jungen «Techies» hin zu einem Markt mit jungen, aber hochprofessionellen Finanzexperten finden wir sehr spannend.

Wie viele Kunden mit Blockchain-Geschäftsmodellen hat die Bank bereits akquirieren können?
Insgesamt sind es gegen 300 Kunden. Wir hatten in den letzten Jahren sehr viele Anfragen. Etwa 95 Prozent davon mussten wir allerdings ablehnen, weil uns die Seriosität gefehlt hat.

Wie prüfen Sie, ob eine Firma seriös ist?
Es gibt im Wesentlichen ein dreistufiges Modell, das wir in diesem Prozess anwenden. Sobald uns ein Kunde kontaktiert, senden wir ihm ein Dokument, das 75 Fragen enthält. Es gibt je nach Geschäftsmodell unterschiedliche Fragenkataloge. Die Antworten evaluieren wir anschliessend. In dieser ersten Triage können wir bereits 80 Prozent der Anfragen aussieben. In die restlichen 20 Prozent investieren wir mehr Zeit: Wir führen Telefonate, fragen per E-Mail detaillierter nach, verlangen weitere Zahlen und Unterlagen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Mit den rund 5 Prozent, die übrig bleiben, vereinbaren wir ein persönliches Treffen für den entscheidenden Schritt im Due-Dilligence-Prozess, wo auch unser Blockchain-Compliance aktiv mitwirkt. Dieser Research ist sehr aufwändig.

Kryptowährungen werden vielfach kritisch beäugt und es herrscht das Vorurteil, sie würden Geldwäsche und illegalen Geschäften Tür und Tor öffnen. 
Wer Bitcoin oder andere Kryptowährungen zur Geldwäsche nutzt, hat das Wesen der Blockchain, auf der Kryptowährungen basieren, nicht verstanden. Die Blockchain ist ein komplett transparentes Transaktionsbuch, das für immer und ewig gespeichert bleibt. Wenn jemand vor fünf Jahren etwas Illegales angestellt hat, dann lässt sich dies heute noch nachverfolgen. In der Vergangenheit wurde es zwar illegal genutzt, aber durch die Transaktionshistorie im Internet konnten solche Verbrecherringe zerschlagen werden. Heutzutage geht man davon aus, dass Bitcoin nahezu gar nicht mehr für illegale Zwecke genutzt wird. Es gibt zwar eine Scheinanonymität dahinter. Aber sobald eine Person zum Beispiel das Geld an einer Börse wechselt, weiss man, wer diese Person ist und kann die Kette allfällig auch zurückverfolgen.

Die Vorurteile sind also unbegründet?
Ja und Nein. Ich finde es zum einen schade, dass Kryptowährungen oft mit der Blockchain gleichgesetzt werden. Dabei sind sie nur ein Anwendungsfall  dieser Technologie. Zum anderen sind wir uns bewusst, dass der Bereich noch nicht reguliert ist, und daher muss man als Bank die Risiken kennen und sie minimieren.
Sie haben die Regulatorien angesprochen.  (dal)

Das ganze Interview lesen Sie in der Print-Ausgabe vom 26. Januar oder im E-Paper von «Wirtschaft regional» (Abo).

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