Vaduz ist auch in diesem Jahr offizieller Standort des Schweizer Digitaltags. Das Programm im Kunstmuseum widmet sich dem Thema «Smart Country Liechtenstein» und den damit zusammenhängenden Herausforderungen.
«Smart City» ist ein Begriff, der seit den 2000er-Jahren immer wieder auftaucht. Er ist politischen Ursprungs und ist nicht eindeutig definiert. Oliver Gassmann, Professor für Technologiemanagement an der Universität St. Gallen, beschreibt den Begriff in einem Interview mit «Wirtschaft regional» so: «Eine Smart City baut auf digitalen Technologien auf und hat zwei Ziele. Mehr Lebensqualität für die darin lebenden Bürger und ein geringerer Ressourcenverbrauch, also mehr Qualität bei niedrigerem Ressourcenbedarf. Sie umfasst die Bereiche Mobilität, Energie, Infrastruktur, Leben und Wohnen, Bildung und auch die Verwaltung als Schnittstelle.»
Da Liechtenstein nicht grösser als eine Kleinstadt ist, könnte es auch einfacher zum «Smart Country» werden. Doch dazu braucht es eine bessere Vernetzung und einen umfassenden Datenaustausch zwischen den einzelnen Bereichen. Oliver Gassmann, der am Digitaltag in Vaduz ein Referat halten wird, nennt es ein «digitales Rückgrat». «Dazu werden Dinge mit Sensorik benötigt, die etwas erfassen können, Konnektivität, damit alles miteinander verbunden ist, und Datenanalytik, um diese Daten auszuwerten. Am Beispiel einer intelligenten Strassenlaterne lässt sich dies gut aufzeigen: Sie leuchtet nur dann, wenn Licht benötigt wird. Und weil sie Strom hat, kann auch Wi-Fi und eine Ladestation integriert werden. Ein kleines scheinbar nichtiges Element in einer Stadt, das aber eine sehr starke integrale Rolle spielen kann im digitalen Backbone», so Gassmann.
Liechtenstein hat zwar in den letzten Jahren verschiedene Initiativen gestartet, um eine bessere Datenvernetzung sicherzustellen. So soll etwa bis 2022 das gesamte Land an das Glasfasernetz angeschlossen und damit ein Breitband-Internetzugang in jedem Haus sicher-gestellt sein. Dies ist eine Grundvoraussetzung, doch «smart» ist Liechtenstein damit noch lange nicht .
«Staat muss aufzeigen können, wohin die Reise geht»
Um die Bedenken der Bevölkerung aufzugreifen, dass beispielsweise grosse Datenmengen gesammelt werden, muss aus seiner Sicht der Staat aufzeigen, warum man «smart» sein will und welche Vorteile es dem Einzelnen bringen kann. «Der Staat muss aufzeigen können, wohin die Reise geht und dann den Bürger frühzeitig mit an Bord holen. Zu häufig werden Technologien ausgerollt, einfach nur deshalb, weil sie schon verfügbar sind – siehe die Widerstände gegen die Einführung von 5G.» Einen Schritt in diese Richtung hat die Regierung mit der Verabschiedung der «Digitalen Agenda Liechtenstein» im März 2019 gemacht, auch wenn darin noch viele Punkte sehr abstrakt und oberflächlich angesprochen werden.
Professor Gassmann sieht noch weitere Knackpunkte: «In einem Land wie Liechtenstein, das bereits auf einem sehr guten Level ist, sind neue Initiativen zur Smart City schwieriger. Neue Technologien haben einen geringeren Grenznutzen. Das heisst, der zusätzliche Nutzen, den ich durch meine Investition erreiche, ist nicht mehr so hoch. Wenn wir schon überall eine Strassenbeleuchtung haben: Warum sollen wir diese durch intelligente Strassenbeleuchtung ersetzen? Es spricht immer noch einiges dafür, aber es ist viel schwieriger.» (sap)
Das Programm am Digitaltag 2019 (3.9.) im Kunstmuseum Liechtenstein in Vaduz
9-10.30 Uhr: Smarter Tourismus
Der erste Programmblock um 9 Uhr widmet sich dem Thema «Smarter Tourismus». Anschliessend an die Begrüssung durch den Vaduzer Bürgermeister Manfred Bischof referiert Zukunftsforscherin Marta Kwiatkowski Schenk zum Thema «Reisen mit smarten Assistenten». Nach einer Kurzpräsentation der «LIstory»-App von Liechtenstein Marketing diskutieren Tourismusverantwortliche unter der Moderation von Tobias Treichler von St. Gallen Bodensee Tourismus über die Chancen und Risiken der digitalen Zukunft im Tourismus.
11.30-13 Uhr: Smarter Verkehr
Der zweite Programmblock ab 11.30 Uhr zum Thema «Smarter Verkehr» geht der Frage nach, wie das automatisierte Fahren und andere digitale Zukunftstechnologien den Verkehr verändern können. Nach Impulsreferaten von Peter Beck, Geschäftsführer der Stiftung Zukunft.li, und Markus Maibach, Projektleiter von Infras, diskutieren Fachleute aus Liechtenstein über konkrete Massnahmen gegen einen möglichen Verkehrskollaps.
14-16 Uhr: Smarte Bildung
Um 14.00 Uhr folgt der dritte Programmblock «Smarte Bildung». Nach Impulsreferaten von Experten können die Besucherinnen und Besucher im Format eines World Cafés miteinander über Veränderungen, Hoffnungen und Ängste rund um den Einsatz von digitalen Medien im Schulalltag diskutieren.
17-18 Uhr: Smart Country Liechtenstein
Der vierte Programmblock um 17.00 Uhr steht unter dem Titel «Smart Country Liechtenstein» und wird von Liechtensteins Regierungschef-Stellvertreter und Wirtschaftsminister Daniel Risch eröffnet. Innovationsforscher und Bestsellerautor Oliver Gassmann stellt in seinem Vortrag das Konzept «Smart City» vor und zeigt auf, wie Städte sich zur Smart City entwickeln können.
18.30-19.30 Uhr: Smarte Kultur
Den Abschluss des Digitaltags in Vaduz bildet der Programmblock «Smarte Kultur» ab 18.30 Uhr. Das Podium bestreitet Michael Mondria, Senior Director von Ars Electronica Solutions. Die Ars Electronica in Linz ist eine führende Plattform für Kunst, Technologie und Gesellschaft. Ausgehend von zentralen Themen, die während des Liechtensteins Symposiums anlässlich der Biennale Arte in Venedig erörtert wurden, führt Michael Mondria die Gedanken weiter: zur Demokratisierung, Artificial Intelligence und den Umgang mit Ressourcen.