Die beiden Google-Gründer und Multimilliardäre ziehen sich zurück. Ihr langjähriger Lieutenant, Sundar Pichai, übernimmt beim Alphabet-Konzern die Führung.

Schon seit Jahren war von Google-Mitgründer Larry Page kaum etwas zu hören, obwohl er an der Spitze des Dachkonzerns Alphabet stand. Jetzt bekommt Google-Chef Sundar Pichai auch die Führung bei der Mutter – in einer schwierigen Zeit für den Internet-Riesen.

Google-Chef Sundar Pichai übernimmt nach dem Rückzug der beiden Gründer aus dem Tagesgeschäft nun auch die Führung beim Mutterkonzern Alphabet. Larry Page und Sergey Brin, die den Internet-Konzern vor mehr als 20 Jahren gegründet hatten, behalten aber Sitze im Verwaltungsrat, der dem Vorstand übergeordnet ist. Sie haben zudem auf Dauer starken Einfluss durch besondere Aktien mit mehr Stimmrechten. Page war zuletzt Alphabet-Chef, Brin hielt im Management einen Posten als «President» mit einem nicht näher beschriebenen Aufgabenbereich.

Sundar Pichai wurde 1972 in Indien geboren. In die USA kam er 1993 mit einem Stipendium für die kalifornische Elite-Universität Stanford, um Halbleiter-Physik zu studieren. Sein erstes Job-Interview bei Google hatte am 1. April 2004, dem Tag, an dem das Unternehmen Gmail einführte, wie Reuters schreibt. Vorher hatte er für die Unternehmensberatungsfirma McKinsey gearbeitet. Bei Google übernahm Pichai das Android-Geschäft von Andy Rubin, dem Gründer der Gruppe, und machte es zum weltweit dominierenden Handy-Betriebssystem. Er zeichnete auch für die Entwicklung des Chrome-Browser verantwortlich, dem heute dominierenden Web-Browser. Im November 2015 wurde er Google-CEO.

Branchenbeobachter spekulierten bereits seit einiger Zeit über die Zukunft von Google-Gründer Page: Der 46-jährige liess sich kaum in der Öffentlichkeit blicken. Er überliess Pichai bereits zum Beispiel auch die Telefonkonferenzen mit Analysten nach Vorlage der Quartalszahlen. «Wir waren nie welche, die sich an Management-Positionen klammern, wenn wir denken, dass es einen besseren Weg gibt, das Unternehmen zu leiten», verkündeten Page und Brin in einem gemeinsamen Beitrag im Firmen-Blog.

Darin heisst es zum Abschied der beiden Gründer:
«Wir sind zutiefst demütig, dass sich ein kleines Forschungsprojekt zu einer Quelle des Wissens und der Befähigung für Milliarden entwickelt hat. Eine Wette, die wir als Stanford-Studenten gemacht haben, hat zu einer Vielzahl anderer Technik-Wetten geführt. Wir hätten uns nicht ausmalen können, als wir damals, 1998, unsere Server von einem Studentenzimmer in eine Garage übersiedelt haben, welche Reise folgen würde.»

Interne Probleme
Durch den Rückzug vermeiden die beiden, sich dem wachsenden Konflikt mit der Google-Belegschaft stellen zu müssen, kommentiert heise.de. In dem Vorzeigekonzern gäre es. Anstoss gäben unter anderem Sexismus, die Beschäftigung ehemaliger Spitzenbeamter und umstrittene Regierungsaufträge. Auch die Zwei-Klassen-Gesellschaft mit «echten» Googlern mit berühmt guten Arbeitgeberleistungen und über Zeitarbeitsfirmen herangezogene Kräfte mit geringer Entlohnung und Extras sorgten für wachsenden Unmut.

Kürzlich habe Sundar Pichai sogar die freitäglichen Mitarbeiter-Treffen abgeschafft, bei denen offen über alles gesprochen werden konnte. Dabei dürfe nur noch über Business und Strategie gesprochen werden. Alphabet war 2015 als Konzerndach über Google gesetzt worden. Die Idee war, diverse neue Bereiche als eigenständige Schwesterfirmen neben Google zu führen. Page wechselte damals von der Google-Spitze in den Chefposten bei Alphabet. Pichai übernahm die Führung bei Google. Diesen Job wird er behalten.

Zu Alphabet gehören heute zum Beispiel die Roboterauto-Firma Waymo und der Lieferdrohnen-Entwickler Wing. Die Einnahmen kommen allerdings nach wie vor fast ausschliesslich aus dem Werbegeschäft von Google. Die anderen Alphabet-Firmen mit ihren neuen Technologien erzeugen hohe Kosten bei überschaubaren Umsätzen. Die Stärke des Google-Geschäfts liess aber die Aktie in diesem Jahr bisher um rund ein Viertel zulegen.

Der Konzern steht jedoch – genauso wie andere amerikanische Tech-Schwergewichte unter verstärktem politischen Druck. Inzwischen nehmen auch die lange wohlwollenden US-Wettbewerbshüter Google ins Visier. In Europa verhängte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bereits Strafen von mehr als acht Milliarden Euro gegen Google. Der Internet-Konzern steckte sie locker weg.

Page war in der Anfangszeit Chef von Google, räumte dann den Platz für den erfahrenen Software-Manager Eric Schmidt und kehrte 2011 wieder an die Google-Spitze zurück. Die Alphabet-Mitteilung machte nun deutlich, dass die beiden Gründer keine Ambitionen haben, irgendwann noch einmal wieder ins Management zurückzukommen. (pd)

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