Für den Software-Entwickler Dominique Sorg steht der Region noch viel Arbeit bevor. Für die Digitalisierung selbst rechnet er dem Rheintal aber gute Chancen aus. Dafür müsse jetzt aber ein grosses Umdenken stattfinden – nicht zuletzt bei KMUs.
Herr Sorg, wenn Sie auf einer Skala von 1 bis 10 einschätzen, wie weit die Region bei der digitalen Transformation ist: Auf welchen Wert kommen Sie?
Dominique Sorg: Hm, das ist schwierig … (überlegt) Eigentlich gibt es eine Schere: Es gibt Firmen und Unternehmen, die stehen an der Spitze der digitalen Transformation, andere dagegen sind noch nirgendwo. Oft fehlt hier ein direkter Ansprechpartner für entsprechende Fragestellungen. Zu schnell wird für ein Problem zu Tools gegriffen, die von einem externen Administrator eingerichtet werden. Wichtig aber wäre, dass gerade die digitale Infrastruktur in modernen Unternehmen einen zentralen Platz einnimmt.
Das macht also ein modernes Unternehmen aus?
Ja, unter anderem. Ein weiterer Punkt ist die Kommunikation und die Präsenz über digitale Kanäle. Diesbezüglich macht es uns die Jugend heutzutage vor. Mit ihnen führt man die Digitalisierung bis zu einem gewissen Grad auch unbewusst ein. Was aber Firmen an der Spitze der digitalen Transformation vor allem ausmacht, ist das Bewusstsein, dass die Digitalisierung eine riesige Chance bietet. Deshalb arbeiten sie daran, wie man Kunden besser an sich binden kann indem sie nebst ihrer Website weitere attraktive Plattformen anbieten. Heutzutage sollte es einfach Standard sein, dass man sich als Kunde im Netz über Produkte und Preise informieren kann. Auch Mobile.
Naja, also Internetseiten funktionieren ja die meisten auch Mobile. Und Kataloge und Preislisten sind auch meistens online.
Dann sind Sie der Beweis, dass Sie nur auf Plattformen sind, die den heutigen Massstäben entsprechen. Den grossen Rest besucht der normale Nutzer gar nicht mehr – weil man es sich nicht antun will. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen stehen oft vor der Herausforderung, diesen weiteren Schritt zu gehen: Eine benutzerfreundliche und informative Website. Und das wiederum ist ja nur ein Anfang.
Woran scheitert es denn?
Am Geld, am Know-How und an der Kommunikation. Erstens sind solche Projekte nie gratis. Gerade in Branchen, die zu kämpfen haben, ist es hart, dafür Geld nachhaltig in eine digitale Infrastruktur zu investieren. Zweitens ist es oft das fehlende Wissen: Wie beginne ich einen solchen Prozess? Was brauche ich? Wer sind meine Ansprechpersonen und Partner? Dabei wäre es durchaus möglich, auch mit wenig Geld sinnvolle Strategien zu entwickeln, um beispielsweise Kunden über digitale Kanäle besser zu erreichen.
Wie aber beginnt man so ein Projekt?
Am besten bei sich selbst. Man hinterfragt die internen Prozesse, analysiert sie, zeichnet sie auf. Dann stellt sich die Frage, wo es Optimierungspotenzial gibt. Dazu hilft auch immer ein Blick zur Konkurrenz, dort kann man auch oft etwas lernen. Und dann geht es darum, die entsprechenden Projekte und Strategien zu finden, sie zu priorisieren und umzusetzen. Die digitale Welt verändert sich rasant, deshalb ist es umso wichtiger sich laufend zu informieren und weiterzubilden.
Wenn man Ihnen zuhört, verliert man etwas den Optimismus für unsere Region.
Warum?
Naja, das klingt nach viel Arbeit für die Region.
Ja, das wird viel Arbeit. Aber das muss nichts Schlechtes bedeuten, es stecken auch riesige Chancen dahinter. Ich bin sehr optimistisch was unsere Region betrifft. Wir müssen es schaffen, die Leute in Form von Events oder Workshops zusammenzubringen, um an der Digitalisierung zu arbeiten. Als Einzelner wird das kaum möglich sein. Wichtig ist es, dass wir Entscheidungsträger so sensibilisieren, dass alle bereit sind, den digitalen Sprung zu machen.
Da kommt auch auch einiges auf uns zu. Stichwörter wie Künstliche Intelligenz, Augmented Reality, Internet of Things und vieles mehr werden herumgereicht. Was wird uns in nächster Zeit am meisten beschäftigen?
Vermutlich die Cloud. Dank Cloud-Lösungen wird gerade innerhalb von Unternehmen vieles vereinfacht und von überall zugänglich gemacht. Man bringt die Mitarbeiter näher zusammen, kann besser zusammenarbeiten und wird effizienter. Dazu kommt, dass bereits viele Programme wie Office oder Adobe nur noch auf der Cloud laufen. Diese sind stabil, skalierbar, haben Backup-Lösungen integriert und werden mit Updates ständig auf dem neuesten Stand gehalten. Ausserdem zahlt man nur dafür, was man nutzt. Nicht wie früher, wo man rund ums Jahr Server unterhielt, diese aber nur zu Spitzenzeiten ausgelastet waren. Das zweite wird eine stärkere Fokussierung auf mobile Anwendungen sein.
Künstliche Intelligenz ist in demnach kein grosses Thema?
Doch, natürlich. Wir sind da ja auch schon relativ tief in der Thematik. Schauen wir uns die Entwicklung bei Chatbots an. Wenn man heute auf einen Online-Shop geht, gibt es oft eine Chat-Funktion, um beispielsweise Fragen zu stellen oder Reklamationen abzugeben. Am anderen Ende sitzt dann aber praktisch nie eine Person, sondern ein Computer. Dieser Trend wird sich in allen denkbaren Richtungen, wie im Verkehr mit selbstfahrenden Autos, Home Automation, Gesundheitswesen und autonome Roboter weiter verstärken. (ags)